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Beschwerden gegen Umfahrung Mellingen werden zurückgezogen

Die 2011 vom Aargauer Stimmvolk angenommene Umfahrung Mellingen ist einen grossen Schritt weiter: Der Kanton, die Gemeinde und die Verbände haben eine Vereinbarung getroffen, die zusätzliche ökologische Ersatzmassnahmen sowie flankierende verkehrliche Massnahmen zur Beschränkung des Verkehrs durch die Altstadt festlegt und das Projekt optimiert. Der VCS und der WWF ziehen nun ihre hängige Beschwerde beim Verwaltungsgericht zurück.

Die historische Altstadt von Mellingen ist mit rund 15'400 Fahrzeugen pro Tag stark belastet. Mit der Umfahrungsstrasse soll das Ortsbild von nationaler Bedeutung aufgewertet sowie Mellingen als regionaler Entwicklungsschwerpunkt und attraktiver Wohnort gestärkt werden. Das im November 2010 vom Grossen Rat und im Mai 2011 vom Stimmvolk beschlossene Projekt Umfahrung Mellingen setzt sich aus zwei Abschnitten und den zugehörigen flankierenden Massnahmen sowie ökologischen Ausgleichs- und Ersatzmassnahmen zusammen.*

Das bisherige Verfahren

In einem vom Verwaltungsgericht des Kantons Aargau beauftragten Gutachten forderte die Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK) im Februar 2015, die Umfahrungsstrasse ohne Beeinträchtigung des Gruemethügels zu planen und weniger massiv zu gestalten. Im anschliessenden Gerichtsverfahren hob das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau im November 2015 den Genehmigungsentscheid des Regierungsrats vom März 2013 zu Abschnitt 1 auf und verwies ihn zum erneuten Entscheid an den Regierungsrat.

Parallel zum Gerichtsverfahren hat der Kanton – basierend auf seinem Verständnis des Gutachtens der ENHK – eine Projektänderung zum Abschnitt 1 ausgearbeitet. Diese Projektänderung wurde durch die ENHK positiv beurteilt. Sie beinhaltet eine Verschiebung der Strassenachse (bis zu 7.50 Meter nach Osten), so dass der Gruemethügel nicht mehr tangiert wird. Zudem wird die Brücke durch eine nied-rigere Brüstung mit aufgesetztem Leitholm transparenter und leichter gestaltet. Gegen diese Projektänderungen gingen zwei Einwendungen ein, wovon eine durch Rückzug erledigt werden konnte und eine durch den Regierungsrat entschieden wurde.

Nach einer Beschwerde von VCS und WWF hob das Bundesgericht im Oktober 2016 zudem auch den Genehmigungsentscheid des Regierungsrats zum Abschnitt 2 auf. Das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau forderte ebenfalls eine Anpassung des Richtplans bezüglich des Mehrverbrauchs an Fruchtfolgeflächen. Diese Richtplanänderung wurde im Dezember 2017 vom Grossen Rat genehmigt.

Mit den Anpassungen im Projekt wurden nach Auffassung des Kantons die Forderungen der Gerichte erfüllt, so dass der Regierungsrat im Januar 2018 das bereinigte Projekt Umfahrung Mellingen mit den Abschnitten 1 und 2 genehmigte. Gegen diesen Entscheid erhoben der VCS und der WWF wiederum Beschwerde beim Verwaltungsgericht. Sie rügten unter anderem Widersprüche im ENHK-Gutachten und die ihrer Auffassung nach gegebene Missachtung seiner Interpretation durch das Verwaltungsgericht.

Vereinbarung mit zusätzlichen Massnahmen

Angesichts des hohen öffentlichen Interesses an der Umfahrung Mellingen hat das Departement Bau, Verkehr und Um-welt (BVU) Anstrengungen im Hinblick auf eine Einigung mit VCS und WWF unternommen – ohne das Urteil des Verwaltungsgerichts abzuwarten. In verschiedenen Gesprächen mit den Parteien wurden zusätzliche ökologische Ersatzmassnahmen und flankierende verkehrliche Massnahmen erarbeitet, welche das Projekt Umfahrung Mellingen optimieren. So wird auf Wunsch von WWF und VCS unter anderem als zusätzliche ökologische Ersatzmassnahme der Franzosengraben südöstlich der Lenzburgerstrasse auf rund 600 Meter bis zu den offenen Abschnitten im Wald geöffnet und renaturiert. Zusätzlich werden im Mündungsbereich Schwarzgraben-Reuss beide Gewässer strukturell aufgewertet. Diese zusätzlichen ökologischen Massnahmen gleichen den Eingriff in die geschützte Reusslandschaft aus. Gemäss Vereinbarung soll zudem der Durchgangsverkehr durch die historische Altstadt mit baulichen Massnahmen auf maximal 1'500 Fahrzeuge pro Tag gesenkt werden. Damit erhält Mellingen die versprochene Entlastung und es wird eine qualitativ hochwertige Stadtentwicklung möglich. Im ur-sprünglichen Projekt waren weiterhin 5'000 Fahrten durch die Altstadt vorgesehen.

Die zugesicherten Massnahmen wurden vom Kanton Aargau und der Einwohnergemeinde Mellingen mittels Regierungsrats- und Gemeinderatsbeschlüssen bereits verbindlich beschlossen. Im Gegenzug werden VCS und WWF ihre Beschwerde beim Verwaltungsgericht zurückziehen. Die Planung der Umfahrung Mellingen kann nun weitergeführt werden. Die Planung der vereinbarten Massnahmen wird ebenfalls sofort in Angriff genommen.

Die nächsten Schritte

Das BVU wird nun umgehend das Landerwerbsverfahren in Angriff nehmen, das voraussichtlich bis Ende 2019 dauert. Bereits in den nächsten Tagen informiert das BVU die betroffenen Grundeigentümer über das weitere Vorgehen. Parallel dazu startet die Ausführungsplanung (bis ca. Mitte 2020), ab Frühling 2020 ist die Submission für die Bauarbeiten vorgesehen. Voraussichtlicher Baubeginn ist gemäss heutiger Planung im Frühjahr 2021 – unter der Voraussetzung, dass im Rahmen des Landerwerbs- und des Vergabeverfahrens keine Beschwerden eingehen.

Die bauliche Umsetzung der Verkehrsberuhigung erfolgt direkt im Anschluss an die Fertigstellung der Umfahrungstrasse. Die Renaturierung des Franzosengrabens und der Mündung Schwarzgraben-Reuss werden unabhängig von Strassenbauprojekt in Angriff genommen und bis 2023 umgesetzt – sofern die Rechtskraft herbeigeführt und der Landerwerb erfolgreich durchgeführt werden kann.

*Weitere Informationen zur Umfahrung Mellingen (mit Visualisierungen zum Herunterladen):

Gesamtprojekt

Abschnitt 1

Abschnitt 2